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Der Vollgas-Typ, der den Funken überspringen lässt

Sich hinter einer Maske zu verstecken, ist nicht das Ding von Dominic Salomon. Wenn ein Akteur des Volleyball-Bundesligisten FT 1844 Freiburg für Geradlinigkeit, Offenheit und Authentizität steht, dann ist es der 31-jährige Diagonalangreifer. Und doch wurde eine Maske bei seinem ersten Karriere-Höhepunkt zum Markenzeichen des Gymnasiallehrers, der sich nun, zum Ende der Freiburger Premierensaison in der ersten Bundesliga, aus dem Kader der ersten Mannschaft verabschiedet.

Es musste alles ganz schnell gehen im November 2015, als der damalige Zweitligist aus Freiburg im Achtelfinale des deutschen Pokals die United Volleys Rhein-Main empfing. Eine Woche zuvor hatte sich Salomon bei einem unglücklichen Zusammenprall auf dem Feld mit dem damaligen Spielertrainer Wolfang Beck die Nase gebrochen. Dennoch wollte der Rotschopf gegen den Erstligisten aus Frankfurt unbedingt dabei sein. „Ich habe mir dann bei einem Sanitätshaus in der Stadt innerhalb kürzester Zeit diese Gesichtsmaske anfertigen lassen“, erinnert sich Salomon. Zum Hingucker avancierten dann aber Salomons Angriffe und Aufschläge, unter anderem auf den Frankfurter Jan Klobucar, der kurz zuvor mit der slowenischen Nationalmannschaft Vize-Europameister geworden war: „Dem habe ich zwei Float-Asse ins Eck eingeschoben“, sagt Salomon. Und schmunzelt. 

Auch wenn die Pokalpartie für den krassen Außenseiter mit 0:3 verloren ging, wurde sie zu einem Meilenstein in der Freiburger Volleyball-Historie. Fast 1000 Zuschauer sorgten für Hexenkessel-Atmosphäre in der altehrwürdigen Burdahalle. Allen sei hier klar geworden, welches Entwicklungspotenzial der Sport im Breisgau hat, erklärt Salomon, der wie kaum ein anderer Spieler den Aufstieg der Affenbande über mehr als ein Jahrzehnt mitgeprägt hat. 

Zum Schmettersport fand der Rotschopf als Jugendlicher in seinem Heimatort beim TB Emmendingen. FT-Vorstandsmitglied Knut Winter fiel Salomons Talent in einem Landesligaspiel auf, und so wechselte der Abiturient nach Freiburg, spielte hier zunächst drei Jahre in der zweiten Mannschaft, ehe der Sprung ins Zweitliga-Team unter Spielertrainer Beck glückte. Das sei damals eine andere Zeit gewesen, „alte Schule“, sagt Salomon rückblickend: „Da hast du als junger Spieler schon mal einen Spruch kassiert, wenn ein Schlag daneben ging.“ Doch er habe sich durchgebissen, viel aufgesogen und sich immer verbessern wollten. 

Für Becks Nachfolger Jakob Schönhagen drückte Salomon nicht zuletzt der Corona-Spielzeit 2019/20 seinen Stempel auf. Dass in den letzten sechs Spielen vor dem Saisonabbruch fünf Siege gelangen und die Affenbande damals auf dem besten Weg war, sich in einer schwierigen Phase auch sportlich vor dem Abstieg zu retten, sei nicht zuletzt das Verdienst der Angriffs- und Aufschlagwucht von Salomon gewesen: „Domi ist ein Vollgas-Typ, ein positiv Verrückter, der alle Energie auf dem Spielfeld lässt“, charakterisiert Trainer Schönhagen seinen Diagonalen. 

Neben seinen druckvollen Hinterfeld-Angriffen begeistert Salomon Spieler, Trainer und Publikum stets mit seiner offenen, zugewandten Persönlichkeit. Für Schönhagen ist er „eine Freiburger Legende“, die sich aus der Landesliga Schritt für Schritt bis in die erste Liga hochgearbeitet hat. „Er ist Gesicht und Identifikationsfigur der ersten Mannschaft.“

Als energetisches Zentrum weiß Salomon wie kaum ein anderer Freiburger Spieler die Zuschauer für sich einzunehmen. Wenn er gestenreich mit der Säge ein Ass feiert oder die Fans mit ausgebreiteten Armen zum Klatschen animiert, dann springt der Funke über. „Ich bin halt so emotional, da ist nichts gespielt“, sagt Salomon. Das spüren auch die Teamkollegen, die nicht selten durch Salomons Input noch mal einen Leistungsschub erhalten. 

Der unbändige Siegeswille steckte auch hinter Salomons Nasenbluten-Moment: Im Zweitliga-Heimspiel gegen Leipzig vor vier Jahren stellte er sich beim Matchball für die Gäste im Tiebreak (15:14) neben dem Feld einem Rettungsversuch des Gegners in den Weg, checkte den Spieler leicht zur Seite. „Das war eine Kurzschlusshandlung, die zurecht bestraft wurde“, sagt Salomon heute. Der Schiedsrichter zeigte ihm die Rote Karte, Leipzig erhielt einen Punkt und gewann damit das Match.

Nach elf Jahren in der Ersten der Affenbande soll nun mit dem letzten Saisonspiel am Samstag, 9. März, gegen die WWK Volleys Herrsching (19 Uhr, Act-Now-Halle) Schluss sein mit Bundesligavolleyball. Aus beruflichen und privaten Gründen hatte Salomon bereits in den zurückliegenden Spielzeiten sein Trainingsengagement zurückgefahren, war bei Auswärtsspielen in der Back-Up-Rolle nur in Ausnahmefällen dabei. Der Vater einer dreijährigen Tochter wohnt weiter in Emmendingen, muss als Gymnasiallehrer für Sport und Deutsch am Theodor-Heuss-Gymnasium in Schopfheim aber tagtäglich viel pendeln. Froh sei er gewesen, dieses Jahr erste Liga noch mal mitgemacht zu haben, die professionelle Spieltagvorbereitung, die hohe Belastungsintensität. „Kleine Fehler werde hier noch härter bestraft als in der zweiten Liga“, hat Salomon erkannt.

Nun gehe er „auf jeden Fall mit einem weinenden Auge“. Er werde das Training, die Spiele in der Act-Now-Halle und diese positive Art des Umgangs innerhalb des Teams vermissen. Ganz aufhören mit seinem Lieblingssport will Salomon aber nicht. Wo er weiter am Netz stehen wird, habe er noch nicht entscheiden. Von einem ist der bald 32-jährige Pädagoge aber überzeugt: „Volleyball ist stetiges Lernen. Ich glaube, auch ich kann mich noch weiterentwickeln.“ 

(Foto: Stephan Tapken)

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